Samstag, 27. Februar 2010

Zum Gedenken


Zum Gedenken an die Erfindung des Schwimmens, das erst nur in Hecken praktiziert
wurde, tauchen jedes Jahr am Heckentag Menschen in Hecken ein
und schwimmen ein paar Längen. Kritiker bezeichnen das Spektakel
als spätrömisch-dekadent.

Freitag, 26. Februar 2010

Mit Plastinatoren schwofen

Vor kurzem, das heisst vor längerer Zeit, besuchte ich eine Ausstellung, in welcher plastinierte Menschen, Tiere und Organe zu sehen waren. In holdes Erstaunen entrückte mich folgender Satz, der neben einer Schauplastik eines menschlichen Magens zu lesen war: "Die Mageninnenwand produziert eine Art Schleim, der vor Selbstverdauung schützt." Dieser Satz löste in mir spontan ein tiefes Gefühl des Mitleids für all jene Personen aus, deren Drüse, die den besagten Schleim absondert, kaputt ist. Sie müssen ihren Magen wahrscheinlich überlisten, in dem sie täglich einen Rindermagen verzehren. Der nicht so kluge Magen lehnt sich dann zurück und denkt sich, seine Arbeit, sich selbst zu verdauen, sei getan, bis er am nächsten Tag merkt, dass er noch da ist. Das Spiel beginnt von vorne: Ein ewiger, teuflischer Kreislauf.

Gut gefiel mir auch der plastinierte Körper eines Gorillas ohne Haut ganz am Ende der Ausstellung. Am Baum daneben hing, ähnlich einer Bananenstaude, sein kompletter Verdauungsapparat. Es fehlte nur noch ein Hirsch, der auf seinen eigenen Innereien in Form einer Wiese äst. Oder eine Maus, die an ihren mit Löchern durchsetzten Eingeweiden knabbert.

In einem abgetrennten Bereich sah man ein Pärchen, das sich in wilder Leidenschaft gegenseitig die Haut vom Leibe gerissen hatte und nun in kopulierender Pose zu bestaunen war. Dabei zeigte sich, dass auch Plastinatoren durchaus humorige Gesellen sind, denn dem Mann spriesste ein schwarzer Irokese mitten aus dem Schädel, die Frau hatte noch Stiefel an ihren Füssen. Mit Plastinatoren ist bestimmt gut schwofen. Ständig erzählen sie einem Dinge von Interesse, beispielsweise wie Haut am einfachsten von Muskelgewebe zu trennen ist (Lorbeerschnaps einreiben) und witzige Anekdoten von ihrer Arbeit, wie zum Beispiel jene vom lustigen Puppentheater mit verlängerten Wurmfortsätzen des Blinddarms in der Mittagspause. Während man sich dann das x-te Bierchen (für "x" eine beliebige Zahl/Potenz/Bruch einsetzen und die Gleichung nach "Bierchen auflösen) hinter die Binde kippt erzählen sie einem, wie schwierig es ist, an eine Schrumpfleber zu kommen und geben noch eine Runde aus. Doch solange man seine Leber immer schön im Auge behält, kann sie einem auch vom handfertigsten Plastinator nicht stibitzt werden. Sollte es doch einmal vorkommen, merkt man es ziemlich rasch an einem Blutsurz aus der Seite. Ja ja, diese crazy Plastinatoren, ein ganz eigenes Völkchen, eine Art Parallelgesellschaft, wie die Elefantenpfleger. Was die meisten nicht wissen: Elefantenpfleger geben sich meistens auch in ihrer Freizeit nur mit ihresgleichen ab, sitzen konspirativ in ihren elefantengrauen Stuben und trinken aus ihren Elefantentassen (Rüsselchen als Henkelchen) und disputieren, warum Elefanten die bessern Menschen sind.

Wie ich gerade merke, enthält letzterer Text unverhältnismässig viele Klammern. Da ich vor Mr. Retisch, der vorgängig seinen tiefempfundenen Hass gegen diese Dinger äusserte nicht in Ungnade fallen möchte und auch ich schon gegenüber missbräuchlich gesetzten Klammern verbal ausfällig wurde, mich also dem Verdacht der Wendehalsität aussetze, erlaube ich Ihnen, umgehend einige davon mit einem fetten, schwarzen, wasserfesten Stift durchzustreichen.

- Ignaz K. Rhabarber

Jazzäpfel aus schlesischen Obstereien

Frisch ab Presse stammt dieser Text vom Michael aus Deutschland, der eine Frage zu
Jazzäpfeln hat.

Leser-Anfrage zur Apfelsorte JAZZ
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit einiger Zeit essen wir die Sorte Jazz , die lt. unserem Obsthändler (kein Supermarkt!) aus Neuseeland bzw. Frankreich kommen soll. Der Apfel zeichnet sich durch sehr viel Fruchtflüssigkeit (ein Biss ist wie ein Glas Apfelsaft) und sehr guten Geschmack aus. Darüber hinaus bleibt er lange frisch, auch bei Zimmertemperatur. Nicht geeignet dagegen ist er für die gläserne Apfelreibe. Er lässt sich praktisch nicht reiben und wird sehr schnell dunkelbraun. Bemerkenswerterweise geschieht dieses Braunwerden nicht bei einem einfach aufgeschnittenen Apfel. Da ich den Apfel in keiner Liste finde, frage ich mich, ob es sich um ein in irgendeiner Weise (industriell) bearbeitetes (genbehandeltes) Produkt handeln könnte. Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr verbunden und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Michael Fitz (Deutschland).


Hey-ho Michi!
Nimm es mir nicht übel, wenn ich gleich zur Sache komme, aber möglicherweise möchte dich
dein Obsthändler veräpfeln. Die zeitgenössische Wissenschaft ist zum Ergebnis gelangt, dass
Neuseeland nicht durch den Apfelexport brilliert. Vielmehr verkauft das Land ansteckende
Erreger des Ebolavirus an europäische Laborheinis, die unter dem Deckmäntelchen des Club
of Rome all paar Jahre ein schwarzes Köfferchen am Flughafen „liegen lassen“, das dann
von Grenzschutzpolizisten geöffnet und als harmloses Gepäckstück der Müllabfuhr
aufgegeben wird. Frankreich befindet sich seit Mitterrand politisch im Altertum – für
Apfelzucht bleibt da einfach zu wenig Zeit. Die Äpfel stammen aus einer schlesischen
Obsterei in Trier, wo sie von zentralusbekischen Minenarbeitern in mühevoller Handarbeit
von den Bäumen gepfriemelt werden. Danach werden sie entweder nach Genfer Konvention
entstielt und mit biologischen Kampfstoffen haltbar gemacht oder, für den Verkauf als
Jazzäpfel Halal nach Israel, ausbluten gelassen. Des Weiteren beschreibst du den
Flüssigkeitsgehalt der Frucht: „Ein Biss ist wie ein Glas Apfelsaft.“ Bekanntes Phänomen. Ich
sass mal in einer Trattoria an der Champs-Élysées und biss in eine Rumbakarotte, die im
Mund den Duft von abgebrochenen Türgriffen eines VW-Passat Kombi BJ1982 verströmte,
zudem tanzten im Umkreis von 76 Metern alle Messerschleifer zu Narcotic von Liquido. Du
siehst, man sollte zu jeder Zeit im Leben auf alles gefasst sein, auch darauf, dass Jazzäpfel
sich nicht an gläsernen Apfelreiben zerfleddern lassen wollen und dies dadurch lautstark
ausdrücken, indem sie angeschnitten nicht braun werden. Nimm es als ein Zeichen des
Apfels, der dich darauf aufmerksam machen will, dass er nicht weit von einem blaublütigen
Stamm gefallen ist und sich von einfachen Prekariatshänden nicht zu Muss für das
Bestreichen von Stullen verarbeiten lassen will. Er möchte gerne getafelt werden – am Stück
oder portionsweise. Vielleicht wird er auch sehr schnell braun, weil beim Wort Ka(c)kerlaken
(die sich womöglich in den Apfel eingesch(lich)iss(en) haben) wie beim Rest deines Textes
mit extrem unnötigen Klammersetzungen gearbeitet wurde. Den Vorschlag, dass es sich bei
Jazzäpfeln um irgendein genbehandeltes Industrieprodukt handeln soll verschmähe ich mit
Vehemenz. Auf der Traktandenliste des Osloer Fenekzüchtervereins steht der Jazzapfel
zwischen den Punkten „Begrüssung“ und „Wahl des Stimmzählers.“ Ich hoffe dir damit
weiterhelfen zu können. Gruss an deinen Obsthändler, der kein Supermarkt ist.
Dein Theo Retisch


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Montag, 22. Februar 2010

N wie Nelkenrevolution

Die Nelkenrevolution ist der Versuch der Nelken, die ausbeuterische Herrschaft der Fauna zu beenden um eine Diktatur der Flora zu errichten. Sie ist seit 40'000 Jahren im Gange.


Vorgeschichte

Der Revolution ging eine jahrhundertelange Unterdrückung der Gewächse durch die höheren Lebewesen voraus. So wurde den Pflanzen Früchte und Nektar einfach weggenommen, ohne eine angmessene Entschädigung dafür zu entrichten. Das führte zu einem Massenelend auf Seiten der Pflanzen. Die meisten wurden obdachlos und lebten von Dreck, viele Bäume prostituierten sich auf Strassenstrichen, sogenannten Alleen.


Verlauf

Der erste Widerstand entwickelte sich unter den weissen Rosen, die beschlossen, sich Dornen wachsen zu lassen. Andere Rosen zogen nach. Doch erst die militanten Nelken konnten eine breite Bio-Masse für die Sache gewinnen, deshalb spricht man in Fachkreisen gemeinhin von der Nelkenrevolution. Nelken werden von Botanikern gerne als die Pitbulls der Pflanzenwelt beschrieben. Ihr äusserst aggressives Aussehen ist gepaart mit dem Verhalten, keinen Zentimeter zu weichen. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass sich grade die Nelken an vorderster Front stehen.

Als es darum ging, wie sich die Bäume am grossen Kampf beteiligen sollten, kam es zu einem Eklat, der schliesslich zum Schisma führte. Die einen hatte die Idee, man solle zu einer bestimmten Zeit im Jahr alle Blätter fallen lassen. Die dadurch sich schneller drehende Erde solle dann alles Geschnetz ins All schleudern, übrig bliebe nur alles in der Erde Verwurzelte. Einigen erschien das eine zu radikale Lösung, man wollte die Tierwelt ja unterjochen und nicht auslöschen. Diese Gruppe spaltete sich ab, beschloss, es den Rosen gleichzutun und sich spitze Blätter wachsen zu lassen. Eine andere Massnahme, das Freisetzen von Pollen, setzte zwar einigen Menschen und Nacktmullen arg zu, die Bienen aber machten sich daraus lässige Beinkleider. Die allermeisten Pflanzen jedoch verfielen in Passiven Widerstand, mit mässigem Erfolg.


Gegenmassnahmen

Der UN-Sicherheitsrat stimmte am 16. Oktober 1954 ab, ob eine Intervention angemessen sei. Die ständigen Mitglieder Frankreich, Russland, USA stimmten zu, "alles Grüne bis zur Unkenntlichkeit zuzubomben" (Resolutionstext). Dank dem Vetorecht Grossbritanniens kam es nicht dazu. Grossbritannien sagte sein Einverständnis nur dann zu, wenn man alle Pflanzen verschone, aus denen Tee gewonnen werden könne. Die Diskussion um die Abänderung des Resolutionstextes hält bis heute an, da man sich über die Teesorten noch nicht einig ist.

Trotz der Ablehnung eines Nuklearstreichs ging man dazu über, das Grüne systemtatisch zuzubetonieren und in Reservate zu stecken. So wurde organisierter Widerstand fast völlig unmöglich gemacht.


Sonstiges

In den 1970er Jahren formierte sich eine Terrorgruppe (Die Deflorateure), die eine allumfassende Defloration forderten.


- Ignaz K. Rhabarber

Freitag, 19. Februar 2010

Das Symbole-Revival

Die Symbole feiern ein Revival in der modernen Kunst.
Exemplarisch in dieser Hinsicht diese Installation des Künstlers Hans Nacktmull:
Im Angesicht des Feuerzeugs, das einen Ödipus-Komplex symbolisiert, krümmt sich das Würstchen (Psyche) entgegen seiner natürlichen, metzgergegebenen Krümmung. Es liegt auf einem leckeren Toastbrot.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Gestapelte Menschen über dem Bruchstrich

Jeder beschwert sich über das Wetter, aber keiner tut etwas dagegen. Ist es wirklich zuviel verlangt, in seine umgerüstete Cessna zu steigen um, pflügend durch Cirrus-Wolken, Silberiodid zu versprühen? Ich sage: nein. Genau so verhält sich mit der Geissel der Menschheit, dem Tod, über den Bazon Brock sagte: "Der Tod muss abgeschafft werden, diese verdammte Schweinerei muss aufhören." Endlich sagt es mal jemand. Wetter und Tod sind die beiden grossen Unbekannten in der grossen Gleichung Leben, und jeder in Algebra nur halbwegs Bewanderte erkennt die Problematik, dass beim Rechnen mit zwei Unbekannten nicht auf ein aussagekräftiges Ergebnis zu hoffen ist. Wenn dann Wetter und Tod wie im Falle eines Blitzschlags noch miteinander wechselwirken, nähert sich die Gleichung der Komplexität von Wasserströmungsturbulenzen-Berechnungen an. Wie ich gehört habe, müsse der Computer, der Wasserströmungsturbulenzen berechnen kann, erst noch gebaut werden. Man kann nur hoffen, er wird noch gebaut, denn wer von uns kann sich- ernsthaft- eine Zukunft ohne Computer vorstellen, die Wasserströmungsturbulenzen berechnen können? Auch die Wasserströmungsturbulenzen bei einem ertrinkenden Menschen können noch nicht berechnet werden, egal bei welchem Wetter. Im tragischsten Falle handelt es sich beim Ertrinkenden um denjenigen, der den Wasserströmungsturbulenzen-Computer einst bauen wird. Doch vielleicht geht da nur meine durch amerikanische Drehbuchautoren versaute Fantasie mit mir durch. Das Wetter und der Tod bilden die kleinsten gemeinsamen Nenner, über dem sich auf dem Bruchstrich als Zähler die gesamte Menschheit stapelt wie Fische auf dem Fischmarkt. Um diese Tatsache schon den Kindern zu vergegenwärtigen, schlage ich vor, die obige Metapher real im Schulzimmer nachzubasteln. Einfach folgende Liste abschreiben und der Praktikantin in die Hand drücken:

  • Gestapelte Fische (z.B. Zander) vom Fischmarkt
  • Klappstuhl als Bruchstich
  • Dinge, die Wetter bzw. Tod symbolisieren (Wölkchen aus Wattebausch / Totenschädel)

- Ignaz K. Rhabarber

Georgier in Fensterbauerkostümen



Niemand soll mich dabei hindern, von meinem Recht Gebrauch zu m
Die Schweiz wird terrorisiert von georgischen Einbrecherbanden
in blauen Fensterbauerkostümen. Der Georgier ist, wie wir seit
Stalin wissen, potenziell gemeingefährlich, da einen das Leben im tristen
Kaukasus geistig mürbe macht.

Sonntag, 14. Februar 2010

Kupferstich einer Kaltmamsell


Das Zitat Honoré de Balzacs ("Frauen, die Diät halten, werden nicht fett,
das ist klar und unumstößlich.") in Bild gefasst. Kupferstich einer Kaltmamsell um 1962.

Freitag, 12. Februar 2010

Der "süsse" Turmbau


Der zweite- weiter weniger als der erste beachtete- Turmbau zu Babel
scheiterte schliesslich an der Frage: Was folgt auf die Wurst?
Auch Gott hatte grade anderes zu tun als dort hinzusehen, z.B.
den Bewohnern des erdähnlichen Exoplaneten Gliese 581c eine Lektion zu erteilen,
fand es aber laut unbestätigten Angaben eher "süss" als bedrohlich.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Die siechende Oma mit dem Laufmaschentick

Warnung für Diabetiker: Enthält die Wörter Kiwi und Mango

Was möchte meine Katze mir sagen, wenn sie sich früh morgens zu meiner Tätigkeit des Entledigens nächtlich angeschlafener Milbenexkremente aus dem Bettzeug unter die kalt-heisse Immunstärkedusche stellt und meint: „Du enthirnter Spacko hast die ganze Nacht das Fenster offen stehen lassen, kuck mal es sind Minustemperaturen!“? Ehrerbietig reiche ich ihr die Tube meines Ayurveda-Kiwi-Mango-Sambal Oelek-Shapoos, um sie zu beschwichtigen. Das Duschgel streicht sie sich mit vor Anstrengung gekrümmten Pfoten und offensichtlichem Effort ins Katzenfell. Sie sei heute noch verabredet, ein wichtiger Termin beim Epithetiker an der Ecke stehe auf dem Programm. Sie wolle sich die linke Ohrenpartie herabsetzen lassen. Dies hat sich mir gestern feierlich eröffnet, als sie beim Halma den dritten Full House in Folge absahnte. Man sollte Katzen nicht unterschätzen, es sind hochbegabte Menschen, die ihre zwiespältige Existenz hinter einem durchdachten Mix aus fiebernder Gelassenheit und abgeschlagenem Dehors verschleiern. Ehrlich. Nach der Dusche gehe ich direkt in die Stadt, ohne meinem Körper in geringster Weise die Schmach des unnötigen Bekleidens auf zu zwingen. Es ist kurz nach Weihnachten und das neue Jahr hat mich schon in seinen Bann gezogen. 2010 – wie wir uns alle gefreut haben; und dann kam der Schnee. Er schwängerte den Himmel mit seinen weissen Flocken, deflorierte den Horizont und hinterliess dennoch nur reines, virginisches Weiss. Die Kälte wogte wabernd durch die Strassen und drang in die Gliedmassen der Leute der Welt. Alles hat zu. Gerade laufe ich – welch Wunder – an einer geschlossenen Eisdiele vorbei, dann an einer geschlossenen Gruppe der Zeugen Jehovas. Nur ein aufgeschlossener Junge fragt mich nach Schokofröschen, oder will er welche feilbieten? Ich verstehe ihn akustisch nicht. Mein Unverständnis für den Buben resultiert aus einer momentanen Irritation, die mir durch ein Salzstreufahrzeug in der morphologischen Erscheinung von Josef Stalin zugefügt wird. Und hinter dem Gefährt fällt, hervorgerufen durch die aufgesetzte Schneefräse, ein eiserner Vorhang. Mir fröstelt bei dem Anblick, darum beschliesse ich mich in einer FKK-Sauna etwas auf zu wärmen. Doch der Türsteher will gar nicht erst meinen Organspendeausweis sehen. „Zu jung“, so lautet sein vernichtendes Urteil. Schade, denke ich: zu jung. Noch beim Nachhausegehen überlege ich mir, was er damit gemeint haben könnte. Eine dahinsiechende Seniorin kreuzt als einzige meinen Weg auf dem ausgelatschten Bordstein, der auch heute wieder als verkannte Koryphäe des Service public in den Belangen zweckdienlichen Herhaltens als Fussabtreter der Nation eine Glanzparade vollführt. Gerne würde ich ihn für den Friedensnobelpreis nominieren – in der Sparte: bester Hauptdarsteller. Ebenfalls gerne möchte ich den oralen Dialog mit der Oma im O-Ton mit den uns bekannten lateinischen Buchstaben konservieren: „Guten Tag.“ „‘n Tag, sie haben aber ein schönes Kleid.“ „Ja, von meinem nullten Geburtstag.“ „Sie haben da vorne eine ziemlich grosse Laufmasche, bis zu den Knien. Darf ich mal anfassen und ziehen?“ „Nee, komm lass mal.“ Dieses Spektakel zieht sich über Stunden hinweg fort. Die Oma möchte anfassen und ich dekliniere ihren Vorschlag alsbald abrupt. Endlich wieder zuhause ersucht mich meine Golden-Tabby-Katze als erstes um einen konstruktiven Kommentar zu ihrer neuen Visage. Doch ich möchte mich nicht auf einen Endlossermon einlassen und verschwinde unter dem Vorwand müde zu sein im Ökonomieraum unseres Palais – im Westflügel des Palais. Hier muss der Text leider ein jähes Ende finden. Wer die Geschichte aufmerksam zurückliest, entdeckt darin ein leckeres Rezept für korsische Käsesuppe auf Suaheli – viel Spass beim Nachbrutzeln!

- Theo Retisch


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Dienstag, 9. Februar 2010


Die Evolution treibt mitunter seltsame Blüten- etwa diese:
Einige Füchse am Nordpolarkreis halten das ganze Jahr Winterschlaf,
indem sie sich selbst einfrieren. Sie entziehen sich so dem harten
Kampf um Nahrung und Weibchen. Zoologen auf der ganzen Welt kratzen
sich am Kopf und fragen sich, was das soll.

Montag, 8. Februar 2010


Selbsgepflückte Sträusschen von zersausten Männern
erwecken selbst bei grade ovulierenden Damen eher
Mitleid statt frivoler Gefühle. In obigem Falle handelt
es sich übrigens um ein Entschuldigungs-Sträussschen
wegen Angeschreie.

Samstag, 6. Februar 2010


Jeder Besitzer eines Kindes weiss, wie schwierig die Fütterung
eines solchen ist. Darum: Besorgen Sie sich bei der Pommesbude ihres Vertrauens
eine Batterie jener gezackten Stieldinger und stecken Sie diese in das zu
verfütternde Gut. Das Kind wird nicht einmal auf die Idee kommen,
es könnte sich um etwas anderes als Eis am Stiel handeln.

Sarkastische Dackelfrisuren und Kalauer-Klammern

Bis vor kurzem lebte ich im Glauben, die Werbeleute des 21. Jahrhunderts hätten sich von bestimmten Methoden abgewendet, weil sie ihnen selbst zu blöd geworden sind. Mit diesem naiven Gedanken wandelte ich letzthin zwischen den Regalen eines Nahrungsmittel-Verticker-Stores, als ich auf eine Reklame eines Ketchups stiess, dessen "(h)einzigartiges" Aroma angepriesen wurde. Die Zweckentfremdung der Klammer zur Konstruierung von hanebüchensten Kalauern lockt heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, und sei dieser noch so russig. Doch wer weiss, vielleicht ist das die Vorhut eines Kalauer-Klammer-Revivals. Vermutlich sollen wir bald "f(r)ische Heringe" oder "g(l)ute(inhaltige) Brötchen", und was sonst noch in diesem Augenblick in kranken Gehirnen gärt, kaufen. Solche Unhübschheiten sollte man ein für alle mal wegsperren, wie schultergepolsterte Blousons aus den Achtzigern. Doch leider kann ich das nicht entscheiden, bin ich leider kein Mitglied der sogenannten Meinungsführerschaft. Wenn die Oligarchie der Meinungsführer morgen beschlösse, es wäre doch ganz schön lässig, Frisuren in Form von Dackelköpfen zu tragen, übermorgen blickte ich in unzählige haarige Dackelaugen. Dackelfrisuren wären nur ein weiteres Kind des Techtelmechtels zwischen der Meinungsführerschaft mit dem Sarkasmus: Die ewigen Anführungszeichen. Alles gar nicht so gemeint, Satire auf den Biedermann und die Kleinbürgerin. Doch in 30 Jahren wird man ein ernstes Problem haben, die Dackelfrisuren als Sarkasmus zu erklären. Die Jugendlichen der Zukunft werden sagen, oh Lord, was habt ihr denn da auf dem Kopf getragen? Es wird ihnen entgegnet, das sei eine Satire auf Biedermann und Kleinbürgerin gewesen. Doch in 30 Jahren wird der Sarkasmus wahrscheinlich ausgestorben sein, da er keine signifikanten evolutionären Vorteile mit sich bringt, und die heutigen Dackelgirls und -boys stehen in sehr schlechtem, diffusen Licht da. Damit werden sie noch mehr die Achtung ihrer Kinder verlieren, die sich dann erst recht nichts mehr sagen lassen wollen und sich ganz den synthetischen Drogen widmen, die von den Albert Hofmanns der Zukunft noch entwickelt werden. Wenn sie nicht auf dem Strich landen, müssen sie sich in einer Werbeagentur verdingen und den ganzen Tag im Wörterbuch blättern, um Wörter zu finden, aus denen sich per Klammer lustige Kalauer basteln lassen. Die so weit gesunkenen Individuen lassen sich meist nur noch per Rasterfahndung aufspüren.

- Ignaz K. Rhabarber

Mittwoch, 3. Februar 2010

Die Produkte von LEGO genügen höchsten Qualitätsanforderungen-
nur die stärksten Männchen gelangen in den Verkauf. Dieses
Bild aus den mit Stacheldraht und elektrischen Aalen bewehrten
LEGO-Test-Laboratorien zeigt den erbarmungslosen Plastik-Vernichtungskrieg;
diverse Menschengruppen sind aus verschiedenen Gründen empört.

Hackfleischtinte im Siphon

Folgenden Traum schreibe ich zur Deutung aus: Ich fuhr mit meiner Mutter per Zug nach Prag, um dort billige Ersatzpatronen für den Drucker zu kaufen. Dort angekommen, riet ich ihr davon ab, da es keine Originalpatronen waren und somit die Gefahr ausblutender Buchstaben bestand. Ausgeblutete Buchstaben können höchstens Rabbis erfreuen. Doch ich glaube nicht, dass ein Rabbi in Prag Tinte für seinen Drucker kauft, die wie Hackfleisch aussieht. Denn wie Hackfleisch sah sie nämlich aus, die Tinte, wie Knetmassen-Hackfleisch. Es hiess, man müsse es zuerst schmelzen und es dann mit einer Spritze aufsaugen, um es der Patrone zuzuführen. Als wir dann zurück zuhause waren, trieb sich da ein grosser Bär rum, den ich mit einer mit Wasser gefüllten Spritzflasche spritzenderweise entfernen wollte; er wollte nicht.

Ich weiss, mein Unterbewusstsein will mir irgendetwas damit sagen. Doch halte ich die Existenz eines Dinges, das sich in mir drin versteckt und mit mir nur mittels kryptischer Botschaften kommuniziert, für überflüssig. Für das Geld, das mir findige Drehbuchschreiber für die obige Synopsis eines Filmes zahlen werden, lasse ich mir mein Unterbewusstsein operativ entfernen. Nach erfolgter Operation wird der Chirurg mit meinem Unterbewusstsein neckisch vor meinen sich öffnenden Augen wedeln und bemerken, ich hätte es mir bestimmt grösser vorgstellt. Nein, habe ich nicht. Wenn ich Glück habe und es ein lieber Chirurg ist, darf ich mein Unterbewusstsein dann in Formalin eingelegt nachhause nehmen, um es ins Regal neben Mecki-Figuren zu stellen. Und wenn ich mal knapp bei Kasse sein sollte, kann ich es immer noch auf dem Flohmarkt für lau verschachern. Heutzutage wird alles gekauft, weil die Leute nicht wissen wohin mit ihrem Geld. Und zählen kann man es ja auch nicht die ganze Zeit, zumal die wenigsten Menschen oder Enten ihr ganzes Vermögen in Hartgeld in einem Geldspeicher horten. Der Kauf eines in Formalin eingelegten Unterbewusstseins oder eine Reise nach Prag, um Hackfleisch-Tinte zu kaufen, sind da nur ein weitere Auswüchse der überbordernden Dekadenz. Mit den aus dem Portmonnaie herausquellenden bunten Noten soll man lieber serbelndes Kleingewerbe unterstützen und einen Klempner rufen. Damit er nicht vergebens kommt, kann man ja ein Schweinchen schlachten und die Schlachtabfälle das Spülbecken bis zur Totalverstopfung hinunterspülen. Gutmenschen spülen, als Belohnung für den Klempner, ein Stück des Stotzens hinunter. Natürlich kämen auch Hackleischtinte oder ein operativ entferntes Unterbewusstsein in Frage, Hauptsache es führt zu einem Aufleuchten der sonst so matten Klempneräugchen. Auch muss er nicht mehr zu den Muffen sausen, die samstags rampenverkauft werden, sondern kann an diesem Tag seinem Sohn beim Referat über Rokoko helfen, falls er überhaupt auch nur irgendetwas darüber weiss, der Prolet. Und sonntags dann präsentiert er seiner Frau, seinem Sohn und seiner tablettenabhängigen Nichte, die vorübergehend bei ihrem lieben Onkel eine Bleibe gefunden hat, den immer noch nassen und schlecht riechenden Stotzen, aber: "Der ist nur nass, der ist gut, den kann man noch essen."

- Ignaz K. Rhabarber