Freitag, 18. März 2011

Der Baron mit dem Kehrblech


Kaskaden von Urlaubern ergiessen sich alljährlich in das
Gebiet beim Schloss. Dass dabei Bilder des Schlosses durch
Köpfe mit halboffenen Mündern verunstaltet würden, hätte
sich der Baron von und zu Wutzke wohl im Leben nicht gedacht.
Da auch sein Kellner unter einer verkümmerten Kiefermuskulatur litt
(durchaus typisch im Fin de Siècle: das Essen wurde den höheren
Angestellten von den niederen vorgekaut), wäre ihm der Anblick wohl vertraut,
aber trotzdem verhasst gewesen. Er schlug den Kellner wegen dieses Mankos
ja auch regelmässig mit dem Kehrblech.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Walser, Lenin und das Birnenbrot

Robert Walser habe Lenin, seinen Nachbarn an der Spiegelgasse in Zürich, bei ihrem einzigen Treffen gefragt, ob er das Glarner Birnenbrot auch so gern habe. Ein weiteres Treffen ist nicht verbürgt, was aber nicht ausschliesst, dass es nicht doch zu kurzen, nachbarschaftlichen Begegnungen und dem gegenseitigen Aushelfen mit Zucker und Eiern gekommen ist. Ich stelle mir das so vor: Lenin sitzt grade über seinen Aprilthesen, als Walser klingelt, und für Lenin, der grade nicht mehr weiterkommt, ist das eine willkommene Ablenkung. Walser fragt nach Mehl für sein Glarner Birnenbrot. Lenin schaut in seinen Küchenschränken nach, doch findet er kein Mehl, als Revolutionär interessiert ihn Mehl natürlich wenig. Auch Marx schrieb nicht über Mehl, denkt sich Lenin.Vielleicht haben die Dadaisten unten welches“, versetzt er mit entschuldigender Miene. Walser geht daraufhin nach unten, vor dem Cabaret Voltaire stehen Hugo Ball und Hans Arp und rauchen. Walser tritt zu ihnen und fragt nach Mehl. Hugo Ball sagt, er habe kein Mehl. Hans Arp greift in die Rocktasche und überreicht Robert Walser drei Handvoll Mehl. Robert Walser bedankt sich, geht nachhause und bäckt sein Glarner Birnenbrot.

- Ignaz K. Rhabarber