Sonntag, 31. Januar 2010

Soll einer sagen man habe aus der französischen Revolution nix gelernt. Haha, dem werd’ ich was husten. Selbst bei der Hinrichtung wurde man effizienter, statt Vier- gibt’s nur noch Dreiteilung. Die albernen Pferde wurden durch sportlich-lässige Cessna Skylanes ausgetauscht, die – um der Nostalgie zu huldigen - mit Kraftstoff aus Pferdeäpfeln fliegen. Beim Mann mit den blauen H&M-Jeans, der hinter dem Delinquenten steht, gabs zum Abendbrot Lasagne Verdura, obwohl er Spinat gar nicht mag.

Samstag, 30. Januar 2010

Von törichten Tölen und dem Ü aus Catalunya.

Von Fiffis und dem Ü aus Ex-Aranien

Ich stehe in der Küche und bereite mir ein Glas Kuhmilch zu. Portionsgerecht. Wenn man dazu bereits ein Glas vor sich stehen hat, bevor der Akt des Milch-aus-dem-Milchbehältnis-kippens in vollen Gängen ist, gibts anbei auch null Probleme. Alles läuft dann tiptop, die Milch ins Glas und von dort durch die Kehle des glücklichen Trinkenden in dessen Wampe. Bei dieser Abhandlung erkenne der Leser den haarliniefeinen Unterschied zwischen evolutionsbedingten Denkvorgängen und willkürlicher Muskulatur. Der Kopp sagt: Ich will die Milch, ein Glas soll es sein, bitte sehr. Je nach Kopp – freundlich oder garstig – lässt er die Bittformulierung ausfallen. Der Forderung wird stattgegeben. Der Humpen wird angehoben und an die sauggierigen Lippen herangeführt. Anspannung, jede Faser des Körpers wähnt sich in tranceartiger Heiterkeit, ein Gefühl wie kurz vor dem Sterben, der gesamte Rachenraum ist nur noch aufs Schlucken aus. Dann schiesst die weisse Gischt in den trockenen Mund. In diesem Stadium hebt sich der Zustand der Masseinheit „ein Glas“ auf und wird in ein neues, dem Verdauungstrakt des menschlichen Körpers dienliches Format reformiert. Die willkürliche Muskulatur, des jahrelangen Schuftens leid geworden, hat sich dafür eigens ein ganz cleveres System angeeignet. Um nicht ständig auf dem Posten sein zu müssen und zwischendurch auch mal Arabella gucken zu können hat sie mit ihrem Busenfreund, dem Magen einen Pakt geschlossen. Seither meldet dieser nur zwei Signale, die heissen: „Ich bin voll, tu mir Gutes“ oder dann aber „Neee, noch nich ganz, da geht noch was rinn“. Im Falle der Meldung eins muss die willkürliche Muskulatur sofort die Pantoffeln anziehen und von der Glotze zum Telefon spurten um mit dem Pförtner, der im Magen ganz unten hockt, und obwohl er das bekannte, schwächste Glied in der Kette ist und es dennoch immer schafft respektiert zu bleiben, Kontakt aufnehmen und ihm mitteilen, dass er nun durchlassen könne. Bei Meldung der Kategorie zwei kann die Muskulatur liegen bleiben, eine ruhige Kugel schieben und sich zu Arabella noch mal einen wichsen, oder sich in der Küche ein kühles Bierchen auftun. Ich steh also da – milchpichelnd - und mir schiesst da diese Erinnerung in Form eines Geistesblitzes an den Spanienurlaub 07, den wir in der mystischen Hafenstadt Barcelona zugebracht hatten, durch den Kopf. Ich denke zurück an die Ankunft auf dem sich im Umbau befindlichen, staubigen Flughafen El Prat, auch an die kranke Wärme, die wir beim Aussteigen erleben durften. An die Fahrt mit dem Taxi in die Innenstadt, an die Fahrt mit dem Taxi von der Innenstadt zum jüdischen Viertel, an die Fahrt zurück vom jüdischen Viertel in die Innenstadt mit dem Taxi und an köstliche Tapas, die man in den unzähligen Bistrettos einfach mit den Fingern vom Teller fegen konnte. Dazu wurde herzhafte Hamme, gesalzen wie der Teufel und Kaffee gereicht. Die Verkäuferinnen in den Imbissbuden, denen immer auch noch ein kleiner Tante Emma-Laden angehörte waren allesamt nie grösser als Einmeterfünfzig, was ich darauf zurückführte, dass dies wohl ein Trick der adretten Damen war, um der Hitze, der warmen Luft, die bekanntlich steigt zu entgehen und stattdessen vertikal in Richtung des kühlen Lüftchens zu spriessen, wie Kartoffelfinger, die in einer ollen Kartonschachtel mit Löchern immer einen Weg nach draussen finden. Sonst gabs in Barcelona nicht viel zu sehen. Auf La Rambla gingen die Taschendiebe ihrem Handwerk nach eigentlich nicht nur dort, auch sonst überall und wo die nicht klauten, waren ihnen andere schon zuvor gekommen. Zudem roch es an jeder zweiten Ecke nach Hundepisse obwohl man kein einziges Vieh je zu Gesicht bekommen hätte. Die machten des Tages wohl alle Siesta, tranken nach dem Mittagessen sauren Brandtwein, der sich in der Tölenblase mit dem tags zuvor eingenommenen vermengte und überliessen ihn des Nachts, versprenkelt über zwei Quadratmeter Häuserwand seinem Schicksal. Zuhause in der Schweiz würde darüber wohl eine bis auf die Züge des Koloss von Rhodos heranwachsende Debatte über das Verschulden dieses Missstandes entstehen. In Spanien kann man eine Debatte aber in die Hecke schubsen, weil die pinkelnden Bestien gar niemandem gehören. Sie sind ihr eigener Herr und Meister. Und sie urinieren wann und wo sie wollen, das entscheiden sie nämlich auch gerade noch selber, hell, the fuck yeah, das tun sie! Sie lassen sich doch nicht verscheissern, das tun die nicht, neeä-hhähhh-eeinn! Ein viel grösseres Rätsel als die Herkunft der Hundecervisia war mir jene des Buchstabens Ü in der aragonischen Sprache. Dieser für, der nicht dem deutsch- österreichisch- schweizerischen Sumpf angehörigen Rassen unaussprechliche nasallaut ist doch eine im Patentamt Bern registriete Erfindung von Fürst Rüdisüli, dem Ersten von Üerikon am Zürisee aus dem Jahre Ü.v.Chr.? Aufgefallen war mir das Ü von Barcelona, dass mir von Beginn weg spanisch erschien auf einer Beschilderung, die den ahnungslosspielenden Touristen zum Park Güell im Norden der Metropole führen sollte. Daraus wurde bei mir aber nichts, ich hatte die Nase nämlich gestrichen voll, noch im Flieger nach Kloten Cityairport kam mir der Einfall, dass das katalonische Ü wohl eher ein Seitenhieb gegen die Kambodschaner war, die in ihrer Sprache kein Ü aufzuweisen hatten. In diesem Sinne…

- Theo Retisch



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